1. Entscheidung „Wiederholungsgefahr und Hamburger Brauch“
BGH, Urteil vom 1. Dezember 2022 – Az. I ZR 144/21
Sachverhalt:
Ein Online-Händler gab nach einer Markenrechtsverletzung eine Unterlassungserklärung nach dem „Hamburger Brauch“ ab, die keine festgelegte Vertragsstrafe enthielt. Nach einem erneuten Verstoß forderte der Markeninhaber eine neue Unterlassungserklärung mit bezifferter Vertragsstrafe, lehnte jedoch die erneut nach „Hamburger Brauch“ abgegebene Erklärung ab.
Entscheidung:
Der Bundesgerichtshof entschied, dass eine erneute Verletzung nach bereits abgegebener Unterlassungserklärung eine neue Wiederholungsgefahr begründet. Diese kann nur durch eine weitere Unterlassungserklärung mit deutlich höherer Strafandrohung ausgeräumt werden. Die Wiederholungsgefahr entfällt nicht allein durch den Zugang der Erklärung, wenn der Gläubiger deren Annahme verweigert.
2. Entscheidung „Unterlassungserklärung per E-Mail“
BGH, Urteil vom 12. Januar 2023 – Az. I ZR 49/22
Sachverhalt:
Ein Unternehmen wurde wegen unverlangter Werbe-E-Mails abgemahnt und zur Abgabe einer Unterlassungserklärung aufgefordert. Die strafbewehrte Unterlassungserklärung wurde per E-Mail als PDF übersandt. Der Abmahner lehnte diese Form der Übermittlung ab und verlangte die schriftliche Abgabe.
Entscheidung:
Der BGH entschied, dass die Übermittlung einer strafbewehrten Unterlassungserklärung per E-Mail grundsätzlich ausreichen kann, wenn sie den ernsthaften Unterlassungswillen des Schuldners erkennen lässt. Insbesondere im Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen sei die elektronische Kommunikation üblich und rechtlich ausreichend.
3. Entscheidung „Massenabmahnungen und Rechtsmissbrauch“
BGH, Urteil vom 7. März 2024 – Az. I ZR 83/23
Sachverhalt:
Ein Verein hatte eine Vielzahl von Abmahnungen wegen vermeintlicher Wettbewerbsverstöße ausgesprochen, jedoch in vielen Fällen keine gerichtliche Weiterverfolgung betrieben, wenn keine Unterlassungserklärung abgegeben wurde. Dies führte zur Frage, ob die Abmahntätigkeit des Vereins als rechtsmissbräuchlich einzustufen ist.
Entscheidung:
Der BGH stellte fest, dass das massenhafte Versenden von Abmahnungen ohne anschließende gerichtliche Durchsetzung der Ansprüche den Verdacht des Rechtsmissbrauchs begründen kann. Ein solches Verhalten deutet darauf hin, dass die Abmahntätigkeit primär der Generierung von Gebühren dient und nicht dem tatsächlichen Interesse an der Unterlassung. In solchen Fällen kann der Einwand des Rechtsmissbrauchs nach § 242 BGB geltend gemacht werden.
Abmahnungsrecht
Diese Entscheidungen des Bundesgerichtshofs unterstreichen die rechtlichen Anforderungen an Abmahnungen und Unterlassungserklärungen. Die Praxis der Abmahnung wird weiter präzisiert, insbesondere hinsichtlich der Form, der Wiederholungsgefahr und der Missbrauchskontrolle. Unternehmen und Rechtsanwälte sollten diese Vorgaben genau beachten, um rechtskonforme Verfahren sicherzustellen.