OLG Frankfurt 6 W 10/21 vom 09.02.2021 – Barbour Sam

1. In dem Werbeangebot „Barbour Barbour Heritage – Steppjacke mit Druckknöpfen Modell
‚Sam‘ – Olivgrün“ versteht der Verkehr „Sam“ als Modellbezeichnung, nämlich als Bezeichnung
der angebotenen Steppjacke aus dem Hause Barbour.

2. Dabei kann nicht angenommen werden, dass der Durchschnittsverbraucher in der Modellbezeichnung
„Sam“ zugleich einen Herkunftshinweis im Sinne einer Zweitmarke sieht, denn
es fehlt an einer markentypischen Hervorhebung. Der Verkehr geht daher nicht davon aus,
dass die Bezeichnung „Sam“ neben der Dachmarke eingesetzt wird, um das konkrete Jackenmodell
zusätzlich der Herkunft nach zu kennzeichnen, denn die Modellbezeichnung nimmt
nicht am Blickfang teil und ist auch nicht anderweitig hervorgehoben.

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Antragstellerin zu tragen.
Beschwerdewert: 100.000,- €
Gründe
Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.
1. Das Landgericht hat den Eilantrag zu Recht zurückgewiesen. Die Antragstellerin hat
gegen die Antragsgegnerin keinen Anspruch aus §§ 14 Abs. 5, Abs. 2 Nr.1 MarkenG auf
Unterlassung der Benutzung der Marke „SAM“.

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a) Im Ausgangspunkt ist vorliegend der Verletzungstatbestand der Doppelidentität in Betracht
zu ziehen. Die Antragsgegnerin hat in dem angegriffenen Internetangebot (Anlage
Ast1) ohne Zustimmung der Klägerin im geschäftlichen Verkehr ein mit der Klagemarke
identisches Zeichen („Sam“) für Waren benutzt hat, die mit denjenigen identisch sind,
für die die Marke Schutz genießt.
b) Das Landgericht hat jedoch zu Recht angenommen, dass nicht festgestellt werden
kann, dass der Verkehr die Bezeichnung „Sam“ in dem angegriffenen Internetangebot
kennzeichenmäßig nach Art einer Zweitmarke benutzt hat.
aa) Von einer kennzeichenmäßigen Verwendung ist insbesondere auszugehen, wenn
ein nicht unerheblicher Teil des angesprochenen Verkehrs in einem Zeichen den Hinweis
auf die Herkunft einer Ware oder Dienstleistung aus einem bestimmten Unternehmen
sieht (BGH GRUR 2015, 1201 Rn 68 – Sparkassenrot/Santander; GRUR 2019, 522 Rn 25 –
SAM). Ob dies der Fall ist, ist nach den Umständen des Einzelfalls zu beurteilen. Die Verkehrsauffassung
wird durch die konkrete Aufmachung bestimmt, in der die angegriffene
Bezeichnung dem Publikum entgegentritt. Abzustellen ist außerdem auf die Kennzeichnungsgewohnheiten
in dem maßgeblichen Warensektor, insbesondere auf die Art und
Weise, in der Kennzeichnungsmittel bei den betreffenden Waren üblicherweise verwendet
werden. Im Bekleidungssektor gibt es verschiedene Kennzeichnungsgewohnheiten
(BGH GRUR 2018, 932 Rn 18 – darferdas?). Geht es um eine Modellbezeichnung in Verkaufsangeboten
im Internet, kommt es auf die konkreten Umstände der Verwendung an.
Dabei ist das Angebot in seiner Gesamtheit in den Blick zu nehmen (BGH GRUR 2019,
1289 Rn 33 – Damen Hose MO). Insbesondere ihre Hervorhebung oder blickfangmäßige
Herausstellung kann für eine markenmäßige Verwendung sprechen (vgl. BGH GRUR
2012, 1040Rn 19 – pjur/pure; BGH GRUR 2017, 520Rn 26 – MICRO COTTON). Erforderlich
ist, dass der angesprochene Verkehr in der konkret in Rede stehenden Art der Verwendung
einen Hinweis auf einen bestimmten Hersteller des in Rede stehenden Kleidungsstücks
erblickt.
bb) In dem vorliegenden Angebot wird „Sam“ als Modellbezeichnung, nämlich als Bezeichnung
der angebotenen Steppjacke aus dem Hause Barbour verstanden. Dies ergibt
sich zwanglos aus dem Kontext („Steppjacke mit Druckknöpfen Modell ‘Sam‘ … “). Bei
dieser Art der Gestaltung erkennt der angesprochene Verkehr, dass „Sam“ das konkrete
Kleidungsmodell bezeichnen soll während „Barbour“ als Dachzeichen für eine ganze Modellreihe
steht.
cc) Damit ist die Frage noch nicht beantwortet, ob der Verkehr in der Bezeichnung zugleich
einen Herkunftshinweis sieht. Hierfür reicht es nach der Rechtsprechung des BGH
im Bekleidungssektor nicht aus, dass die Modellbezeichnung originär unterscheidungskräftig
ist und die konkrete Verwendung nicht glatt beschreibend verstanden wird. Es genügt
für sich genommen auch nicht, dass der Verkehr allgemein und im Bekleidungssektor
im Besonderen an die Verwendung von Zweitkennzeichen gewöhnt ist. Denn im Modebereich
sieht der angesprochene Verkehr nach Ansicht des BGH häufig in der Herstellerangabe
den alleinigen Herkunftshinweis (vgl. BGH GRUR 2004, 865, 866 – Mustang).
Dies gilt jedenfalls dann, wenn die Herstellerangabe – wie hier – vorangestellt oder in besonderer
Weise hervorgehoben ist. Wird in einem Angebot für Bekleidungsstücke neben
der Herstellerangabe ein weiteres Zeichen als Modellbezeichnung verwendet, kann deshalb
nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass eine solche Modellbezeich-
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nung ebenfalls als Herkunftshinweis verstanden wird. Dies hängt vielmehr von der konkreten
Art der Verwendung und der Angebotsgestaltung ab.
dd) Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze kann nicht angenommen werden, dass
der von dem Internetangebot nach Anlage Ast1 angesprochene Durchschnittsverbraucher
in der Modellbezeichnung „Sam“ zugleich einen Herkunftshinweis im Sinne einer
Zweitmarke sieht. Es fehlt an einer markentypischen Hervorhebung. Der Verkehr geht
daher nicht davon aus, dass die Bezeichnung „Sam“ neben der Dachmarke eingesetzt
wird, um das konkrete Jackenmodell zusätzlich der Herkunft nach zu kennzeichnen. Die
Modellbezeichnung nimmt weder am Blickfang teil noch ist sie anderweitig hervorgehoben.
Sie reiht sich vielmehr in eine zahlreiche Informationen enthaltende Unterüberschrift
ein. Der Umstand, dass die Modellbezeichnung Teil einer Angebotsüberschrift ist
und ein räumlicher Zusammenhang zu einer bekannten Herstellerangabe (Barbour) besteht,
genügt für sich genommen nicht (vgl. OLG Frankfurt am Main GRUR-RR 2020, 487
– Damen-Hose-MO). Der Zusammenhang zu dem Dachzeichen wird vorliegend durch den
eingeschobenen Beschreibungstext („… Heritage – Steppjacke mit Druckköpfen Modell …
– Olivgrün“) inhaltlich aufgehoben. Ein Verständnis als Zweitmarke lässt sich bei dieser
Sachlage nicht hinreichend sicher feststellen. Anders wäre möglicherweise zu entscheiden,
wenn „Sam“ in Großbuchstaben oder durch Fettdruck hervorgehoben wäre.
2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Antragstellerin zu tragen (§ 97 ZPO).

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